Rudolf Dietz, geboren am 22. Februar 1863, gestorben am 14. Dezember 1942, war ein Nauroder Lehrer, Schulbuchautor und Heimatdichter, der in nassauischer Mundart schrieb.

Dietz verfasste über 1.000 Gedichte. Diese finden sich unter anderem in folgenden Bänden:

  • Nix für ungut! Lustige Gedichte in Nassauischer Mundart. Dietz, Wiesbaden 1900
  • Lustige Leut. Neue Scherzgedichte in Nassauischer Mundart. Dietz, Wiesbaden 1906
  • Siwwesache. For ze lache. Dietz, Wiesbaden 1907
  • Deham is Deham. Dietz, Wiesbaden 1908
  • Pefferniß. Den Nassauern im Felde gewidmet. Dietz, Wiesbaden 1914
  • Zwiwwele. Dietz, Wiesbaden 1921
  • Uhrtormspäß. Dietz, Wiesbaden 1922
  • Koppsalat. Dietz, Wiesbaden 1925
  • Lachkunrad. Dietz, Wiesbaden 1928
  • AB-Reiter. Dietz, Wiesbaden 1930
  • Deham is Deham. Die schönsten Gedichte in Nassauischer Mundart. Kramer, Frankfurt 1975

Quelle. Frankfurter Neue Presse

 

Unser Vereinsmitglied, Frau Ilse Thol, hat das Leben und Werk in einem ausführlichen Aufsatz dargestellt.

 

Rudolf Dietz – nicht „nur“ Mundartdichter!

 

„Schon der Name des Nassauer Humoristen löst in unserem Herzen jene frohe, sonnig-heitere Stimmung aus, die uns bei dem Genuß seiner Dichtungen so oft beseelt und beseligt hat.

Rudolf Dietz steht heute als der volkstümlichste unter allen nassauischen Heimatdichtern da, ja der Klang seines Namens ist weit über die Grenzen seiner engeren Heimat gedrungen..“

 

Damals bereits, im Herbst des Jahres 1938 schrieb dies Dr. Ernst Meyer in seinem  Vorwort zum dem großen Band „Du liebe Heimat“, in dem alle 1001 Gedichte von Rudolf Dietz enthalten sind. 

 

Und wer sich wie unser leider allzu früh verstorbener Vorsitzender und Heimatforscher Alwin Becht, aus dessen Werken im folgenden einige Stellen zitiert sind, so intensiv mit dem Leben unseres so beliebten verehrten prominenten Nauroder Mitbürgers beschäftigt, blickt voller Bewunderung auf ein reiches vielseitiges unwahrscheinlich soziales Leben. 

 

Denn Rudolf Dietz – hauptberuflich Lehrer - hat nicht nur diese erwähnten 1001 und unzählige nicht veröffentlichte Mundart-Gedichte geschrieben, sondern hat zuvor einige Bände in hochdeutscher Sprache mit durchaus zeitkritischem Inhalt veröffentlicht. Hinzu kamen Theaterstücke wie die „Nassauische Spinnstube“, spezielle Liedertexte und später auch viele humoristische und besinnliche Prosawerke.

 

Und es wundert nicht, daß dieser vielseitig interessierte und begabte Mensch auch handwerklich sehr aktiv war, z. B. hat er nicht nur zahlreiche Holzschnitzereien hergestellt, er unterrichtete auch seine Schüler in der Holzbearbeitung.  Seine Verbundenheit zur Natur veranlasste ihn, eine Pflanzensammlung zusammenzustellen. Er fertigte verschiedene Reliefs von Landschaften an, und im Jahre 1897 modellierte er den ersten Mondglobus. Dieser Globus zeigt auf einer Seite den Mond als Relief, auf der anderen Seite ist die gleiche Ansicht geographisch dargestellt. Durch eine einfache technische Einrichtung ist es möglich, die Namen der auf der Reliefseite sichtbaren Krater auf der geographischen Seite abzulesen. 

Vor einigen Jahren auf diesen Mondglobus aufmerksam geworden, holte sich das Walraff-Richartz-Museum den Globus zu seiner Mondausstellung nach Köln. Danach unternahm er sogar die große Reise nach Übersee nach Houston/Texas zu einer dortigen Ausstellung im Raumfahrtmuseum. Unversehrt überstand er die weite Reise und ist heute wieder im Nauroder Heimatmuseum zu bewundern.

 

Ein anderes Interessengebiet war die Fotografie. Und das zu einer Zeit, als diese ausschließlich den Berufsfotografen vorbehalten war. Bleistiftzeichnungen ein weiteres, Auch Lehrbücher für den Unterricht brachte der passionierte Lehrer Rudolf Dietz heraus. Hinzu kommen noch die zahlreichen Aufsätze und Beiträge in den verschiedensten Zeitschriften und Organen, die sich überwiegend mit Familienkunde und Heimatgeschichte beschäftigen.

Als Direktor  engagierte er sich aus Dankbarkeit in der „Adolf-Stiftung“, die ihm seinerzeit die Ausbildung zum Lehrer maßgeblich finanziert hat.. Diese Stiftung  war 1864 aus Anlaß des 25-jährigen Regierungsjubiläums Herzog Adolfs von nassauischen Lehrern ins Leben gerufen worden,  um „hilfsbedürftigen und würdigen vater- oder elternlosen  Kindern von nassauischen Lehrern eine Unterstützung für einen Beruf zu gewähren“.  

Weitere Aktivitäten: Gründer und Vorsitzender der „Familienkundlichen Gesellschaft für Nassau und Frankfurt“ und damit verbunden die Leitung der Zeitschrift „Der Uhrturm“.

 

1925: Das stolze 250-jährige Jubiläum der Lehrerfamilie Dietz. Aus diesem Anlaß veröffentlichte Rudolf Dietz die Familiengeschichte in 17 Fortsetzungen in den „Nassauischen Blättern“.

 

Der Nauroder Rudolf Dietz

 

1863 als Sohn des Nauroder Lehrers Wilhelm Dietz in der Lehrerwohnung im Rathaus geboren, wuchs er in Naurod auf, zog dann mit seinen Eltern nach Rod am Berg, und als der Vater wegen Schwierigkeiten mit der Schulbehörde nach Amerika auswanderte, zog seine Mutter mit ihm nach Naurod zurück. Bürgermeister und Pfarrer verhalfen dem begabten aufgeweckten Jungen zu den finanziellen Mitteln, die er benötigte, um eine Lehrerausbildung  im Lehrerseminar in Usingen antreten zu können. Die erste Lehrerstelle bekam er in Freiendiez, die zweite am Schulberg in Wiesbaden. Hier engagierte sich der mit seinem Beruf sehr verwurzelte Lehrer bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1925. Nun hatte er Zeit, sich den bereits erwähnten vielseitigen Interessen zu widmen. 1930 schrieb  er sein letztes Gedicht:

 

„Die Zahl von dene Märcher 

in dausendundeiner Nacht

hab ich vor 30 Jährcher

als Endziel mir gedacht.

Ihr vo der neue Richtung

jetzt nor nit su geschennt

uff mei bescheidne Dichtung.

Macht’s besser, wenn Ihr’s kennt.

Will freie Bahn Euch mache;

mir awwer loßt mei Ruh.

Mei Kist voll Späß zum Lache

schlag ich jetzt lustig zu.“


 

Am 14. Dezember 1942 schlief Rudolf Dietz, der sich mit seiner christlichen Einstellung gut auf den Tod vorbereitet hatte, friedlich ein.

 

Wie anfangs erwähnt, ist Rudolf Dietz offenbar über seine Mundartgedichte, von denen die Nauroder Kinder viele auswendig lernten und besonders bei Familienfeiern vortrugen und die Gesellschaften erfreuten, bekannt  geworden. Selbstverständlich werden hier am Ort heute noch bevorzugt  die Nauert und die Nauerter betreffenden Gedichte rezitiert, die von unseren Großeltern und Eltern erzählen, in deren Mitte er sein junges Leben verbrachte. 

 

Die damaligen Nauerter ehrten ihn schon zu Lebzeiten – nämlich indem sie die soeben gefasste Wickerquelle auf Rudolf-Dietz-Born („...jetzt hunn eich aach mein eigne Born oom Kellerschkopp bei Nauerd..“ tauften und die später errichtete Schutzhütte wurde ebenfalls  nach ihm benannt, die Grundschule und die Straße, an der diese liegt, tragen seinen Namen, ebenso der Platz, an dem sein Geburtshaus ( „...des schienst Haus in de schienste Gass’...) steht, und an  Häusern, über die er Gedichte geschrieben hat, hat der 1977 gegründete Geschichts- und Heimatverein Bronzetafeln angebracht.

 

Wie überhaupt der Geschichts- und Heimatverein mit Hingabe das Andenken an Naurods berühmten Mitbürger pflegt. So hat sich der gesamte Vorstand 2013 mit sieben Enkeln (Rudolf Dietz hatte 6 Kinder) des berühmten Opas bei eisiger Kälte an seinem von der Familie neu gestalteten Grab auf dem Wiesbadener Nordfriedhof anlässlich seines 150-jährigen Geburtstages und anschließend im Heimatmuseum getroffen, um seiner zu gedenken. Für die Familie Dietz endete dieser Tag in Opas Stammkneipe „Zum weißen Roß“ („Sinn ich den Grußstadtzures mol grindlich mies un ures, dann wird nit lang getrauert, dann mache mir uf Nauert. .... Wer do im „Roß“ is kinnisch, säht nix als wie: Do sinn ich ...“).

 

Zum Schluß soll erwähnt werden, daß der Stolz der Nauerter auf Georg, Christian, Konrad, Theodor, Hermann, Rudolf, Otto Dietz  auch auf Gegenseitigkeit beruht; denn umgekehrt war der heimatliebende Rudolf Dietz besonders stolz auf sei Nauert, was er mit seiner 


 

„Nauerter Nationalhymne“

zum Ausdruck brachte:

Ihr Bube all un all ihr Mädcher,

es kimmt im weite Deutsche Reich

vo alle Ertercher un Städcher

nit aans dem liewe Nauert gleich.

Un woher kimmt’s? Juchhe, juchhei,

des Nauert ist fei in der Reih.

Des lieb alt Nauert is fei’ in de Reih!“

 

Hinweis des Vorstands des Geschichts- und Heimatvereins zur Diskussion um Rudolf Dietz (1863-1942)

 

Der Geschichts- und Heimatverein Naurod e.V. sieht sich als Bewahrer der Erinnerung an den Nauroder Heimatdichter. Dem Verein ist jedoch die Diskussion über die politische Rolle von Rudolf Dietz bekannt. Insbesondere ist ihm das wissenschaftliche Gutachten von Prof. Dr. Steinbach (Universität Karlsruhe) aus dem Jahr 2004 bekannt, das Rudolf Dietz als "Mitläufer" in der NS-Zeit einstuft. Bekannt ist auch, dass Rudolf Dietz im Alter von 70 Jahren Mitglied der NSDAP wurde. Bekannt ist auch, dass einige seiner Gedichte teilweise als antisemitisch kritisiert werden. Der Geschichts- und Heimatverein Naurod e.V. distanziert sich von dieser politischen Seite des Rudolf Dietz. Er empfindet seine Verdienste um die Nassauer Mundart und die Heimatpflege jedoch als überwiegend und hält daher an der Erinnerung an Rudolf Dietz als Heimatdichter fest.